Zusammenarbeit mit Hochschulen ist Innovationsmotor für Wirtschaft
Beni Rachad

«Dass der Kanton Thurgau über eigene Fachhochschul- respektive Universitätsinstitute verfügt, ist nur dank der Kooperation mit diesen möglich», erklärt Christof Widmer, Chef des Amts für Mittel- und Hochschulen und Geschäftsführer der Thurgauischen Stiftung für Wissenschaft und Forschung. Anstatt eine eigene Hochschule zu gründen, setzt der Kanton auf die Zusammenarbeit mit renommierten Hochschulen in unmittelbarer Nähe. Dies ermöglicht der Region, von erstklassiger akademischer Expertise zu profitieren, ohne die hohen Kosten und organisatorischen Herausforderungen einer eigenen Universität tragen zu müssen. «Ziel ist es, dass die Stiftung mit ihren vier Instituten als wichtiger Player in der Forschungsszene Sichtbarkeit erlangt und so positiv zum Image und zur Standortattraktivität des Kantons beiträgt», so Widmer.
Die An-Institute, betrieben von der Thurgauischen Stiftung für Wissenschaft und Forschung in enger Zusammenarbeit mit der Universität Konstanz und der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) Konstanz, bieten Forschung, die auch den regionalen Unternehmen zugutekommen kann. «Unternehmen profitieren direkt von der angewandten Forschung beispielsweise unseres Instituts für Werkstoffsystemtechnik Thurgau», betont Widmer. Diese ist auf die Bedürfnisse der Wirtschaft zugeschnitten und ermöglicht Innovationen, die die Wettbewerbsfähigkeit der Thurgauer Unternehmen stärken. Dadurch, dass die Institute zu einem guten Teil durch Drittmittel und Dienstleistungsaufträge aus der Industrie finanziert sind, sind sie gezwungen, sich an den Bedürfnissen und Herausforderungen des Marktes sowie der Forschungslandschaft zu orientieren.
Thurgauer Wirtschaftsinstitut (TWI)
Seit seiner Gründung vor über zwei Jahrzehnten hat sich das TWI zu einem bedeutenden Akteur im Bereich der Verhaltensökonomik entwickelt. Professor Urs Fischbacher, der Leiter des TWI, erklärt: «Wir versuchen, wirtschaftliches Entscheidungsverhalten von Menschen zu verstehen.» Das Institut untersucht, wie psychologische Faktoren, soziale Normen und kulturelle Unterschiede wirtschaftliche Entscheidungen beeinflussen.
Ein Beispiel für die praxisnahe Forschung des TWI ist das «LakeLab» an der Universität Konstanz, in dem untersucht wird, unter welchen Umständen Menschen kooperieren oder welches Verhalten sie in ökonomischen Situationen zeigen. Diese Erkenntnisse sind für Unternehmen wertvoll, da sie helfen, Marktverhalten besser zu verstehen und strategische Entscheidungen zu treffen. Zudem veranstaltet das TWI jährlich zwei Foren, die Unternehmen der Region sowie die Öffentlichkeit ansprechen und relevante wirtschaftliche und gesellschaftliche Themen diskutieren.
«Wir versuchen, wirtschaftliches Entscheidungsverhalten von Menschen zu verstehen.»
Institut für Werkstoffsystemtechnik Thurgau (WITG)
Das WITG in Tägerwilen behauptet sich im Bereich der Materialwissenschaften und der angewandten Forschung. Unter der Leitung von Torsten Bogatzky unterstützt es Unternehmen bei der Lösung von Herausforderungen in der Werkstofftechnik. «Wir unterstützen die Thurgauer Unternehmen darin, weiterhin in ihren Nischen erfolgreich zu sein – um teilweise auch Weltmarktführer zu bleiben», so Bogatzky.
Das WITG bietet Prüf- und Beratungsdienstleistungen an, die den Unternehmen helfen, ihre Prozesse und Produkte zu verbessern und neue Märkte zu erschliessen. Ein Beispiel für die innovative Arbeit ist die Entwicklung eines Tribometers zur Untersuchung von Reibung, Verschleiss und Schmierung von Materialien. Darüber hinaus forscht das Institut an Formgedächtnislegierungen, die nach einer Verformung ihre ursprüngliche Form wieder annehmen können, was für verschiedene technologische Anwendungen nützlich ist.
Institut für Zelluläre Biologie und Immunologie (BITG)
Das BITG in Kreuzlingen ist das älteste der vier An-Institute und geniesst eine hohe Anerkennung als Forschungseinrichtung von nationaler Bedeutung. Es arbeitet eng mit der Universität Konstanz zusammen und fokussiert sich auf die Erforschung von zellulären und immunologischen Prozessen.
Dabei legt das BITG den Schwerpunkt auf die Entwicklung neuer Ansätze für die Krebsbehandlung und parallel dazu untersucht es in der Immunologie die Immunantwort auf Krankheiten. Daraus entstehen Immuntherapien, um das körpereigene Abwehrsystem zu stärken. Die Zellbiologie liefert wichtige Einblicke in die Zellkommunikation und -funktion, was zu einem besseren Verständnis zellulärer Prozesse und ihrer Auswirkungen auf die Gesundheit führt. Diese Forschungsbereiche eröffnen gemeinsam vielversprechende Perspektiven für neue Behandlungsmethoden.
Thurgauer Institut für Digitale Transformation (TIDIT)
Das jüngste Mitglied der Thurgauer Forschungsfamilie, das TIDIT, wird ab diesem Jahr im Digital & Innovation Campus Thurgau in Kreuzlingen tätig sein. «Ich freue mich, dass wir mit diesem vierten Institut die grenzüberschreitende Forschungszusammenarbeit im Raum Kreuzlingen-Konstanz weiter ausbauen können», sagte alt Regierungsrätin Monika Knill. Das TIDIT wird sich mit der Datengesellschaft und der Entwicklung von sicheren und nützlichen digitalen Anwendungen beschäftigen. Es wird eng mit Unternehmen zusammenarbeiten, um praktisch anwendbare Lösungen für reale Problemstellungen zu schaffen.
Das TIDIT wird zwei Forschungsgruppen haben, die sich mit der Erhebung, Verwaltung und Verarbeitung von Daten sowie der Entwicklung und Anwendung neuer Methoden zur Datenanalyse befassen. Ein Schwerpunkt liegt auf der Zusammenarbeit mit Unternehmen, um Lösungen wie selbstverifizierende Daten oder transparente und nachvollziehbare KI-Systeme zu entwickeln.